Mit Urteil vom 18.03.2015 hat der Bundesgerichtshof - VIII
ZR 185/14 die angekündigte erneute Änderung seiner Rechtsprechung zur
Wirksamkeit von Klauseln zur Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den
Mieter vollzogen.
Zwischen den Parteien bestand ein Mietvertrag seit Oktober
2002. Zumindest drei von vier Zimmern waren bei Übergabe unrenoviert. Die
Mieter erhielten im Gegenzug einen Mietnachlass von einer halben
Monatsnettokaltmiete. Der Mietvertrag enthielt eine Schönheitsreparaturklausel,
die nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirksam gewesen
wäre. Die Mieter gaben die Wohnung Ende November 2011 zurück, ohne Schönheitsreparaturen
durchzuführen. Die Vermieter machten gerichtlich Schadensersatzansprüche wegen
nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen in der Wohnung geltend. Die Mieter
beriefen sich darauf, dass die Schönheitsreparaturen nicht geschuldet waren. Sie
wurden in der zweiten Instanz zur Zahlung von 5.453,14 EUR nebst Zinsen
verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Mieter die Urteile aufgehoben
und die Klage der Vermieter abgewiesen.
Die formularmäßige
Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist nach der
neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam, wenn die Wohnung bei
Vertragsbeginn den Mietern unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen
wird und die Mieter hierfür keinen angemessenen Ausgleich erhalten.
Dies begründet der BGH wie folgt: Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs kann sich die Notwendigkeit zur Durchführung von
Schönheitsreparaturen nicht aufgrund von starren Fristen ergeben. Zulässig sind
alleine Renovierungsklauseln mit „weichen“ Fristen. Der Anspruch auf
Durchführung von Schönheitsreparaturen richtet sich nach dem Zustand der
Wohnung. Wenn die angemietete Wohnung bei Übergabe aber unrenoviert war, kann es
schon nach kurzer Mietdauer notwendig werden, Schönheitsreparaturen durchzuführen.
Bei schneller Beendigung des Mietverhältnisses wäre der Mieter also zur
Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, obwohl ein wesentlicher
Teil der Schäden durch einen Vormieter verursacht wurde. Dies benachteiligt den
Mieter unangemessen.
Nach den weiteren Ausführungen des Bundesgerichtshofs ist eine
Wohnung nicht erst dann unrenoviert, wenn sie stark abgenutzt oder völlig
verwahrlost ist. Damit sie als renoviert gilt, kommt es darauf an, ob die
überlassenen Mieträume den
Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln. Beruft sich der Mieter
darauf, dass er keine Schönheitsreparaturen schulde, da ihm eine unrenovierte
Wohnung übergeben wurde, muss er nachweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn
unrenoviert oder renovierungsbedürftig war.
War die Wohnung unrenoviert, kann der Vermieter dann einwenden,
dass dem Mieter ein angemessener Ausgleich
für die Anfangsrenovierung gewehrt wurde. Welche Höhe angemessen ist, wird im
Einzelfall unterschiedlich zu bewerten sein (Größe der Wohnung, Zustand etc.).
Die in dem entschiedenen Fall vereinbarte Entschädigung von einer halben
Monatsmiete wurde durch den Bundesgerichtshof als „nicht taugliche Kompensation“
bezeichnet. Da durch die Vermieter selber ein hoher vierstelliger Betrag als
angemessener Schadensersatz für die zum Ende der Mietzeit nicht durchgeführten
Schönheitsreparaturarbeiten verlangt wurde, muss dies nicht verwundern.
Praxistipp:
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rückt für beide
Parteien die Vereinbarungen bei Abschluss des Mietvertrages immer weiter in den
Mittelpunkt. Bislang haben sich Vermieter auf umfangreiche Mietverträge
verlassen, die aber als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Prüfung anhand der
§§ 305ff. BGB unterliegen. Gerade im Wohnraummietrecht sind wesentliche Bereiche
der gesetzlichen Regelungen des BGB nicht durch formularvertragliche Regelungen
abänderbar.
Als Vermieter kann man jetzt weiter versuchen, eine wirksame
Schönheitsreparaturklausel zu formulieren und muss dann die Wohnung entweder
renoviert übergeben oder aber dem Mieter einen angemessenen Ausgleich gewähren.
Man sollte sich dabei bewusst sein, dass die Überbürdung von
Schönheitsreparaturen auf den Mieter mit den Regeln des BGB zu Allgemeinen
Geschäftsbedingungen - §§ 305ff. BGB - eigentlich nicht vereinbar ist. Nach §
307 II Nr. 1 BGB darf durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht von
wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abgewichen werden. Die
Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache – und damit auch die
Schönheitsreparaturen – sind aber gem. § 535 S. 2 BGB
Hauptleistungspflicht des Vermieters und damit ein Grundgedanke des Mietrechts.
Nach der bestehenden Gesetzeslage ist es also eigentlich nicht möglich, Schönheitsreparaturen
durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Mieter zu übertragen. Der seidene
Faden, an dem die restlichen Schönheitsreparaturklauseln noch hängen, ist das
Argument, „die Überbürdung auf den Mieter sei Verkehrssitte geworden“.
Angesichts der eindeutigen Gesetzeslage und der Tendenz des BGH seine Rechtsprechung
sukzessive an die Gesetzeslage anzupassen, nimmt man hier ein doch erhebliches
Risiko in Kauf. Da man jetzt zusätzlich bei Beginn des Mietverhältnisses entweder
selber renovieren oder aber dem Mieter einen angemessenen Ausgleich gewähren
muss, riskiert man in Zukunft sogar, diese anfänglichen Investitionen zu
verlieren.
Eine Alternative hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung
des BGH zu Mängeln der Mietsache. Hier erklärt der BGH: „Ein Mangel ist dann gegeben, wenn
der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand
abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie
nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch
schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. (…) Soweit
Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum
vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des
vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242
BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt“ (BGH, Urteil vom 19.12.2012 –
VIII ZR 152/12). Daher: die Parteien
können sich bei Beginn des Mietvertrages darauf einigen, dass der unrenovierte Zustand
der Wohnung als Beschaffenheit der Mietsache vereinbart wird. Der Vermieter
schuldet während des Mietverhältnisses keine Renovierungen. Die Renovierung der
Wohnung am Beginn und während des Mietverhältnisses liegt dann ganz im
Aufgabenbereich des Mieters. Dieser kann entscheiden, ob er renovieren möchte
oder nicht. Es sollte aber – z.B. im Übergabeprotokoll – ausdrücklich
vereinbart werden, dass die unrenovierte Wohnung als vereinbarte Beschaffenheit
gilt.
Mieter sollten, wenn sie in einem Mietvertrag eine
Schönheitsreparaturklausel finden und ihnen eine unrenovierte Wohnung übergeben
werden soll, entweder den Zustand im Übergabeprotokoll festhalten lassen oder
aber bereits unmittelbar nach Einzug den Zustand durch Fotografien und
Inaugenscheinnahme durch mögliche Zeugen dokumentieren.