LG München I Urteil vom 14.01.2016
- 31 S 20691/14
Mit Urteil vom 14.01.2016 hat das
Landgericht München der Klage von Mietern auf Rückzahlung
überbezahlter Miete stattgegeben, nachdem es über Monate zu
erheblichen Beeinträchtigungen durch eine Großbaustelle gekommen
war.
Der Ausgangsstreit: Die
Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag miteinander verbunden.
Die Mieter verlangen als Kläger für den Zeitraum August 2013 –
Juli 2014 geminderte Miete zurück, die sie unter Vorbehalt der
Rückforderung geleistet hatten. In dieser Zeit war gegenüber der
von den Mietern angemieteten Wohnung durch einen Dritten ein neues
Quartier mit 200 Wohnungen, Geschäften, Büros, Restaurants, einer
Kindertagesstätte und einem Hotel errichtet worden.
Die Entscheidung: Das
Landgericht München I hat die Entscheidung des erstinstanzlichen
Gerichts, mit der die Vermieterin zur Zahlung verurteilt worden war,
bestätigt. Das Amtsgericht hatte den Mietern eine pauschale
Minderungsquote von 15 % über die gesamte Bauzeit zugestanden. In
seinem Urteil weist das Landgericht darauf hin, dass nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Darlegung wiederkehrender
Beeinträchtigungen es grundsätzlich ausreichend ist, eine
Beschreibung vorzulegen, aus der sich ergibt, um welche Art von
Beeinträchtigung es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche
Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr aufgetreten sind.
Eine genaue Beschreibung der einzelnen Beeinträchtigungen sei nicht
notwendig, da gerade bei Großbaustellen solche Beeinträchtigungen
üblich seien. Auch die Berechnung anhand einer pauschalen
Minderungsquote ist nach Ansicht des Landgerichts zulässig. Es
entspricht der Natur großer Bauvorhaben, dass Beeinträchtigungen
jeden Tag unterschiedlich sind und an manchen Tagen sogar gar keine
Arbeiten durchgeführt werden. Der Mieter muss sich aber jeden Tag
darauf einstellen, dass Arbeiten durchgeführt werden, da ihm die
konkrete Planung der Baustelle nicht bekannt ist. Letztlich hatte die
Vermieterin in diesem Verfahren nicht ausreichend dargelegt und
bewiesen, dass sie gegen die Bauherrin keine eigene Abwehr- und
Entschädigungsmöglichkeiten nach § 906 BGB hat. Wenn die
Vermieterin die Geräuschimmissionen durch die Großbaustelle
bewiesenermaßen ohne eigene Abwehrmöglichkeiten hätte hinnehmen
müssen, wäre der zur Mietminderung berechtigende Mangel entfallen.
Praxistipp: Die Entscheidung
des Landgerichts fasst wesentliche Fragen zum Minderungsrecht des
Mieters gegen den Vermieter aufgrund einer Großbaustelle zusammen.
Von besonderem Interesse sind die Ausführungen des Gerichts zu der
Frage, wie mit der Einwendung der Vermieterin, sie sei ohne Abwehr-
und Entschädigungsmöglichkeit gegen den Bauherrn, umzugehen ist.
Mit Urteil vom 29.04.2015 - VIII ZR 197/14 hatte der
Bundesgerichtshof entschieden, dass Mieter, bei Fehlen einer
Beschaffenheitsvereinbarung, grundsätzlich nicht zur Minderung der
Miete berechtigt sind, wenn nachträglich erhöhte
Geräuschimmissionen auftreten, die von einem Nachbargrundstück
ausgehen und der Vermieter selber die Immissionen ohne eigene
Abwehrmöglichkeiten als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen
muss. Das Landgericht München stellt mit dem vorliegenden Urteil
klar, dass der Vermieter, der sich auf einen Ausschluss des
Minderungsrechts des Mieters berufen will, diese für ihn günstige
Tatsache darlegen und beweisen muss.