Meine Kanzlei beschäftigt sich im Schwerpunkt mit juristischen Lösungen für die Konflikte, die in der Familie entstehen.
Die weitere Schwerpunktverlagerung auf die Vertretung der männlichen Familienmitglieder, von denen viele Väter sind, "hat sich ergeben". Entstanden ist dies daraus, dass ich erstmals im Jahr 1999 einem verzweifelten Vater half, nach der Trennung von der Kindesmutter das Sorgerecht für seine zwei Söhne in der Weise auszuüben, dass diese bei ihm wohnen konnten. Über diesen Vater habe ich weitere Väter kennen gelernt, denen eines wichtig war: nach der Trennung von der Mutter der Kinder weiter Verantwortung für das Kind oder die Kinder tragen zu dürfen!
Es ist
soweit:
Das
Bundesverfassungsgericht veröffentlichte am 03. August 2010 die
Pressemitteilung Nr. 57/2010 über den Beschluss vom 21. Juli 2010.
Der
Leitsatz der Pressemitteilung lautet: „Ausschluss des Vaters
eines nichtehelichen Kindes von der elterlichen Sorge bei
Zustimmungsverweigerung der Mutter verfassungswidrig“
Herausragend
ist der dritte Leitsatz der Entscheidung vom 21. Juli 2010: „Bis
zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1672 des
Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden, dass das
Familiengericht dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche
Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge überträgt, soweit eine
gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten
ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.“
Die
Entscheidung im Volltext finden Sie hier (externer Link).
Den
Eingriff in das Elternrecht des Vaters sieht das
Bundesverfassungsgericht zwar nicht in der gesetzlichen Regelung, der
zufolge das elterliche Sorgerecht zunächst der Mutter allein
übertragen wird. Damit wird denjenigen, die eine Gleichstellung mit
verheirateten Eltern fordern, die grundsätzlich ein gemeinsames
Sorgerecht übertragen erhalten, eine dezente Absage erteilt.
Allerdings
– so erkennt das Bundesverfassungsgericht – sei es
verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, dass es dem Kindesvater
gesetzlich versagt sei, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob eine
gesetzlich begründete anteilige elterliche Sorge dem Kindeswohl
besser entspricht.
Fein
unterscheidet das Bundesverfassungsgericht hier zwischen „gemeinsamer
Sorge“ durch übereinstimmende Sorgeerklärung der Eltern und der
Übertragung eines „Teils der elterlichen Sorge“.
Nach
der geltenden Regelung ist der Kindesvater von der Übertragung des
Sorgerechts ausgeschlossen, wenn die Mutter nicht zustimmt. Diese
Regelung des § 1626 a BGB, welche die rechtliche Teilhabe an der
Sorge für das gemeinsame Kind von der Zustimmung der Mutter abhängig
macht, stellt ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung
einen tiefgreifenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters aus Art.
6 Abs. 2 GG dar, befand das Bundesverfassungsgericht.
Die
Entscheidung, ob das von beiden Elternteilen ausgeübte Sorgerecht
(und damit eine Teilübertragung auf den Vater) oder gar das
alleinige Sorgerecht des Kindesvaters in Betracht kommen, hängt
allein vom Kindeswohl ab.
Das
Kind hat ein Recht auf beide Eltern!
Wenn,
was ich in meinem Berufsalltag oft erlebe, beide Elternteile
erziehungswillig und -fähig sind und gerne diese Möglichkeit so oft
als möglich ausüben wollen und das Kind mit dem einen wie dem
anderen Elternteil gerne zusammen ist, dann sollte auch die
rechtliche Tür geöffnet sein, die Sorge anteilig auszuüben.
Ich
gehe zwar davon aus, dass die Sorge um das Wohl des Kindes auch
bisher ein „natürliches Grundrecht“ auch des nichtehelichen
Vaters nach der Trennung von der Mutter war. Allerdings war er
machtlos, wenn die Mutter – sei es, wegen des Beziehungskonfliktes
mit dem Vater, sei es, um eigene Entscheidungen unabhängig vom Vater
durchsetzen zu können – der rechtlichen Übertragung des
„väterlichen Anteils“ der mit der elterlichen Sorge
einhergehenden Befugnisse nicht zustimmte.
Diese
„Ohnmacht“ sollte nun ein Ende haben.
Zunächst war die Kunde von dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 03.12.2009, Application-No. 22028/04 ein Grund zum Feiern:
endlich werden die Rechte der ledigen Väter gestärkt!
Doch es ist noch ein weiter Weg:
Der EGMR rügte den in Deutschland gesetzlich bedingten Ausschluss der ledigen Väter vom Sorgerecht als diskriminierend.
Gem. § 1626a Abs. 2 BGB hat die Mutter des nicht in der Ehe geborenen Kindes das alleinige Sorgerecht. Nach geltendem deutschen Recht können die Eltern nicht ehelich geborener Kinder die gemeinsame elterliche Sorge nur durch eine gemeinsame Erklärung, durch Heirat oder durch gerichtliche Übertragung des Sorgerechts mit Zustimmung der Mutter nach § 1672 Abs. 1 BGB erlangen.
Der EGMR verkannte nicht, dass es für die Schaffung des §1626a BGB einen "legitimen Zweck" gab. Diese Regelung sollte gewährleisten, dass ein Kind ab seiner Geburt eine Person hat, die klar als gesetzlicher Vertreter handeln darf. Damit sollten Konflikte zum Nachteil des Kindes vermieden werden.
Allerdings trägt die Regelung des § 1626 a BGB den Gedanken in sich, dass ein gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen der Mutter stets dem Kindeswohl zuwider laufe.
Das bedeutet, nach geltendem deutschen Recht ist keine Prüfung des Sorgerechts zum Kindeswohl vorgesehen.
Erklärt sich die Mutter nicht bereit, das Sorgerecht gemeinsam auszuüben, dann gibt es für den ledigen Vater keine Chance, das (Mit-)Sorgerecht zu erstreiten.
Leider hat sich gezeigt, dass die Verweigerung der Zustimmung oft geschieht, um den nicht mehr geliebten Ex-Partner aus dem eigenen Leben fern zu halten oder um Differenzen bei der Entscheidungsfindung aus dem Weg zu gehen. Diese Situation unterscheidet sich nicht um ein Haar von der Situation verheirateter oder verheiratet gewesener Paare. Allerdings ist dort das gemeinsame Sorgerecht der Regelfall.
Der EGMR hat mit seiner Entscheidung den Lösungsweg aufgezeigt:
Der Gesetzgeber ist gehalten, für Kinder lediger Eltern eine Regelung zu schaffen, die eine Prüfung der Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts anhand des Kindeswohls eröffnet.
Die vielen Väter, die ich kennen gelernt habe, die sich seit der Geburt ihrer Kinder im Rahmen ihrer biologischen Möglichkeiten engagiert um deren Wohl gekümmert haben, denen der erste Zahn, die kleine Beule, die fiebrige Erkältung und auch die Auswahl der Kindertagesstätte so wichtig waren, dass sie eigene Termine verschoben, stundenlang telefonierten, sich erkundigten, bei ihren Kindern waren, die sehen eine riesige Chance.
Es ist ein Fingerzeig für den deutschen Gesetzgeber, aber Gesetze wachsen nicht von heute auf morgen. Schon die Reaktionen der unterschiedlichen Fraktionen lassen vermuten, dass es alles andere als einfach wird. Zunächst einmal kann die Verhandlungsbereitschaft der Mütter gefördert werden. Diese sollten im Hinblick auf die bevorstehenden Regelungen bereits jetzt in solchen Fällen, in denen die Väter sich kümmern wollen, der gemeinsamen elterlichen Sorge zustimmen. Günstiger wäre es, die gemeinsame Sorge ohne gerichtliche Hilfe zu vereinbaren.
Ich begrüße außerordentlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das in meinem Kanzleialltag in bereits laufenden Verfahren im Interesse der Kinder eine Neuverteilung der Befugnisse nach sich ziehen wird.